Blutegeltherapie
Geschichtlicher Hintergrund
Die Blutegeltherapie gehört zu den ältesten Heilmethoden in der überlieferten Medizingeschichte. Erste Überlieferungen der Blutegeltherapie stammen aus Mesopotamien. Erste eindeutige Schilderungen der Blutegeltherapie stammen jedoch aus der indischen Medizin. Die mythische Gestalt Dhavantari, der Arzt, der der Welt die traditionelle indische Medizin offenbarte, trug in der einen Hand Nektar, in der anderen hält er einen Blutegel. Die umfangreichste Darstellung dieser Therapie findet sich bei Sushruta (100–600 v. Chr.). Auch die traditionelle chinesische Medizin (TCM) verwendet die Blutegeltherapie, doch spielte sie dort immer eher eine untergeordnete Rolle. In Europa war die Blutegeltherapie seit der Antike (Nicandros von Kolophon 200–130 v. Chr; Galen 129–199 n Chr.) bis ins 19. Jh. hinein ein unverzichtbarer Bestandteil der ärztlichen Therapie, aber auch immer Bestandteil der Volksmedizin.
Inzwischen wurde die Blutegeltherapie gründlich erforscht und wird in medizinischen und komplementärtherapeutischen Kreisen immer öfter genutzt.
Quelle: Aus dem Buch «Die Blutegeltherapie: Das vergessene Heilwissen der Blutegel in der modernen Medizin» von Dr. med. Andreas Michalsen
Wirkungsmechanismen
Verminderung der venösen Stauungen.
Die Wirkung der Blutegel geht weit über die lokale Blutentziehung und ihre entstauenden Effekte hinaus. Während des Saugens gibt der Blutegel Wirkstoffe ab, unter anderem Hirudin (gerinnungshemmend), Hyaluronidase, Apyrase, Kollagenase und Egline (entzündungshemmend, antiseptisch).
Kann helfen bei...
- Venöse Stauungen und Venenentzündung (Krampfadern)
- Arthrose
- BakerCyste
- Muskelverspannungen
- Verstauchungen und Zerrungen
- Tinnitus
- Kopfschmerzen
- Furunkel, Karbunkel und Abszess
- Sehnenscheidenentzündung
Darf nicht angewendet werden bei...
- Angeborenen und erworbenen Blutgerinnungsstörungen (Antikoagulation)
- Bekannten Allergien gegen das Sekret des Blutegels
- Vorhandener Immunschwäche und Schwäche als Folge von starkem Blutverlust nach Operationen oder kurz nach einer Geburt
- Bei akuten, fieberhaften Erkrankungen
Informationen rund um die Blutegeltherapie
In der Regel werden die Blutegel nach der Anlieferung in ein grosses Wasserglas oder einen Krug gegeben und an einen ruhigen dunklen Ort in der Praxis abgestellt. So können sich die Tiere beruhigen. Ruhe ist sehr wichtig für die Blutegel, da die sehr empfindlich auf äussere Umstände wie Transport, Luftdruckveränderungen und ähnliches reagieren.
Werden Blutegel zu schnell im Anschluss an den Transport angesetzt, oder ist der Therapeut nervös oder ist das Wetter „gewittrig“, kann es sein, dass die Tiere nicht beissen.
Bei der Behandlung wird der Egel möglichst ohne Stress und Hektik aus dem Glas geholt. Man nimmt dazu einen Mundspatel. Dann wird der Blutegel auf die ausgewählte Stelle gesetzt und mit einem Glas oder dem Zylinder einer Spritze sanft auf dieser Stelle gehalten.
Der Biss eines Blutegels ist meist kaum zu spüren, er fühlt sich an wie ein kleiner, kurzer Piks mit einer Nadel. Danach kommt es manchmal vor, dass die Stelle in ihrer Umgebung für ein paar Minuten ein wenig brennt oder schmerzt. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass sich die Gefässe an dieser Stelle erweitern – vergleichbar dem Brennen in den Fingerspitzen, wenn man aus der Kälte in ein warmes Zimmer kommt, die Hände sich erwärmen und die Durchblutung plötzlich stark einsetzt.
Sollte der Blutegel nicht sofort beissen, kann die Haut mit warmer Kompression angewärmt oder durch einen kleinen Stich mit einer Blutentnahme-Lanzette ein Bluttropfen erzeugt werden. Es kann schon einmal etwas dauern, bis die Blutegel Therapie beginnt und der Patient sollte deshalb eine gewisse Wartezeit einplanen.
Hat der Blutegel angebissen, so lässt man ihn solange saugen, bis er von alleine loslässt. Dies dauert zwischen 30 Minuten bis 120 Minuten. Danach beginnt die Wunde tropfenweise nachzubluten.
Der Blutegel nimmt in der Zeit des Saugens ca. 10 ml Blut und Lymphflüssigkeit auf.
Auf die Nachblutungszeit entfallen noch einmal ca. 40 ml.
Nachdem der Blutegel abgefallen ist, wird eine stecknadelkopfkleine Bissstelle sichtbar, aus welchem tröpfchenweisen Blut austritt. Dieses Nachbluten sollte nicht unterbrochen werden, da es mit zu dem komplexen Vorgang der Stauungsauflösung gehört. Darüber hinaus ist die Nachblutung im Grunde ein willkommener, natürlicher Aderlass, der reaktiv zu einer Blutauffrischung und Erneuerung führt.
Ist der Blutegel abgefallen, wird die Ansatzstelle mit geeigneten Mitteln abgedeckt und zwar so, dass das Blut aufgesaugt, aber zugleich die Blutung nicht unterdrückt wird. Die Nachblutung dauert ungefähr 12-24 Stunden. Nach der ersten Behandlung ist die Nachblutung in der Regel am stärksten und wird bei jeder weiteren Behandlung weniger intensiv und lange dauern.
Rund um die Bissstelle kann es zu leichten Blutergüssen kommen, die nach einigen Tagen abklingen. In der Regel kommt es zu einer leichten Schwellung der Stellen, verbunden mit mehr oder weniger starkem Juckreiz. Sie erhalten nach der Therapie ein spezifisches homöopathisches Mittel um diesen unangenehmen Nebenwirkungen vorzubeugen.
Das Aufkratzen der Krüsteli über den Bissstellen könnte eine sekundäre Wundinfektion auslösen und sollte darum unbedingt vermieden werden. Die Bissstellen verheilen im Normalfall innerhalb einiger Wochen, in seltenen Fällen bleiben jedoch kleine Narben zurück.
Direkt nach der Behandlung kann es zum momentanen Absinken des Blutdruckes kommen. Wichtig ist es darum, vor, während und nach der Behandlung ausreichend Wasser zu trinken.
Bei bekannter Kreislaufschwäche und oder der Einnahme von blutdrucksenkenden und blutverdünnenden Medikamenten empfehle ich Ihnen, zuvor mit Ihrem Hausarzt Rücksprache zu nehmen.